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Das Projekt Bälle in die Hände in Neuenrade steht mittlerweile auf eigenen Beinen

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Mit Projekten, wie "Bälle in die Hände" können neue Wege gegangen werden, um die Jugend für den Vereinssport zu begeistern.

Das Projekt Sportplatz Kommune wurde vom LandesSportBund Nordrhein-Westfalen (LSB NRW) in Zusammenarbeit mit der Staatskanzlei des Landes NRW für den Zeitraum von 2019 bis 2022 ins Leben gerufen. Es ermöglichte eine Förderung für etwa 150 Kommunen. Während eines zweijährigen Zeitraums erhielt die Stadt Neuenrade eine finanzielle Unterstützung von 12.000 Euro pro Jahr, um ihre Ideen zur Förderung des Kinder- und Jugendsports umzusetzen. Sportplatz Kommune dient somit als gutes Beispiel und stellte den Startschuss für das Projekt Bälle in die Hände dar, welches vom Erziehungswissenschaftler Daniel Schwebe sowie der Fachbereichsleiterin sowie Stadtjuristin Ira Valsamidou im Jahr 2021 gestartet wurde, um nun bereits im zweiten Jahr im kommunalen Netzwerk auf Neuenrader Stadtgebiet durch Sponsorengelder fortgeführt zu werden.

Bälle in die Hände wurde in den Kita´s Affeln, Hummelnest, Sausebraus, St. Georg, Unterm Regenbogen und Wirbelwind sowie die Gemeinschaftsgrundschule der Stadt Neuenrade, in der Burgschule umgesetzt. Die Beteiligung örtlicher Sportvereine war generell unverzichtbar und Voraussetzung für die Projektumsetzung. Hier brachte sich der TuS Neuenrade beträchtlich ein, da es im Stadtgebiert der Stadt Neuenrade lediglich drei Fußballvereine gab und somit keine Möglichkeit für Kinder bestand, andere Ballsportarten wie Handball, Basketball oder Volleyball zu spielen. Das Projekt wurde zudem an der Fakultät für Sportwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum begleitet, die auch motorischen Eingangs- und Ausgangstestungen durchführte und auswertete.

Ein Projektziel war es, den sportlichen Organisationsgrad von Kindern zu erhöhen und Vereinsressourcen freizulegen, um attraktive und lokale Sportangebote anzubieten und Kinder in jungen Jahren für den Sportverein zu begeistern. Dadurch soll die Sportlandschaft für die junge Generation verbessert und Bewegungsmöglichkeiten geschaffen werden.

Ein weiteres Ziel, insbesondere der wissenschaftlichen Projektbegleitung war es, mithilfe sportmotorischer Eingangstestungen (ab November 2021) und Ausgangstestungen (ab März 2022), mit speziell für Bälle in die Hände konzipierten Testbatterien, zum einen festzustellen wie gut die elementaren Bewegungsfertigkeiten bei drei- bis zehnjährigen Kindern in Neuenrade ausgebildet sind und zum anderen zu überprüfen, inwieweit sich diese durch ein spezifisches, mehrwöchiges Interventionsprogramm verbessern lassen. Innerhalb der im Rahmen von Bälle in die Hände wöchentlich angeleiteten Sportstunden für Kita-Kinder sowie Grundschülerinnen und Grundschüler in Neuenrade, wurde neben einer motorischen Vielseitigkeitsausbildung in Bezug auf das Werfen, Fangen und Prellen auch die spezifische Hand-Ball-Koordination in den Blick genommen. Insgesamt umfasste das Testvorhaben 140 vollständige Datensätze (Eingangs- UND Ausgangstestungen) und 312 durchgeführte und protokollierte Tests.

Die zu Beginn aufgestellten ersten beiden Forschungsfragen „Wie entwickeln sich die elementaren Bewegungsfertigkeiten Werfen, Fangen und Prellen bei Vorschulkindern sowie Grundschülerinnen und Grundschülern durch ein mehrwöchiges, spezifisches Training?“ sowie „Bestehen Unterschiede innerhalb der elementaren Bewegungsfertigkeiten Werfen, Fangen und Prellen zwischen den verschiedenen teilnehmenden Kitas, sowohl vor als auch nach dem Interventionsprogramm?“ können für die Kita-Kinder zunächst damit beantwortet werden, dass sich die elementaren Bewegungsfertigkeiten Werfen, Fangen und Prellen grundsätzlich von der Eingangs- hin zur Ausgangstestung verbessern. Das gilt aber nicht für alle acht Teststationen nach Durchführung des mehrwöchigen Interventionstrainings. Dieser Fall bildet allerdings die Ausnahme und ist meist nur mit einem sehr geringen Leistungsrückgang verbunden. Oftmals findet dieses Szenario statt, wenn sich die Leistungen der Kita-Kinder bereits bei der Eingangstestung auf einem guten bis sehr guten Niveau bewegen.

Auffällig sind die unterschiedlichen Entwicklungen innerhalb der einzelnen Teststationen. Durch die aufgestellten Kita-Rankings wird erkennbar, dass grundsätzlich keine Kita durchgängig leistungsstärker ist als die anderen, sondern jede mal besser oder schlechter abschneidet.

Innerhalb derjenigen Teststationen, bei denen die Möglichkeit einer Einordnung der Leistungen der Kita-Kinder anhand von Normwerten bestand, war die Leistung bei der Eingangstestung in der Regel mit befriedigend bzw. ausreichend oder mit der Note 3 bzw. 4 ausgezeichnet, während die Leistung an den einzelnen Stationen in der Ausgangstestung einem gut oder der Note 2, teilweise sogar der Note 1 entsprach. Die Einordnung unterstreicht den Erfolg des Interventionstrainings im Hinblick auf die Verbesserung der elementaren Bewegungsfertigkeiten Werfen, Fangen und Prellen.

In der Grundschule ergibt sich ein ähnliches Bild. So können sich die Grundschülerinnen und Grundschüler in fünf von acht Teststationen von der Eingangs- hin zur Ausgangstestung verbessern. Der Leistungsrückgang in den übrigen Teststationen, mit Ausnahme des Prellens, befindet sich auf einem sehr geringen Niveau. Für die Grundschülerinnen und Grundschüler sollte der Schwerpunkt auf der Verbesserung des Prellens liegen, bei dem es sich um eine eher komplexe Bewegungskombination handelt.

In Bezug auf die dritte und letzte aufgestellte Forschungsfrage „Lassen sich Unterschiede zwischen den elementaren Bewegungsfertigkeiten Werfen, Fangen und Prellen bei Kita- und Schulkindern feststellen und formulieren?“ wird im Rahmen der Testungen zu Bälle in die Hände deutlich, dass die Grundschulkinder in den für einen Vergleich geeigneten Übungen sowohl in der Eingangs- als auch in der Ausgangstestung grundsätzlich leistungsstärker sind, was unter anderem durch die ausgeprägteren Vorerfahrungen und der bereits weiter fortgeschrittenen motorischen und körperlichen Entwicklung von Grundschülerinnen und Grundschülern zu erklären ist. Vor allem beim Werfen sind die Grundschülerinnen und Grundschüler den Kita-Kindern leistungsmäßig deutlich überlegen. Beim Werfen & Fangen als eine eher komplexere Bewegungskombination sind die Unterschiede jedoch nur marginal. Zudem wird der Leistungsunterschied von der Eingangs- hin zur Ausgangstestung geringer, sodass sich die Leistungen der Kita-Kinder sowie der Grundschülerinnen und Grundschüler mit fortschreitender Übung annähern.

Auffällig ist, dass sowohl in den Kitas als auch der Grundschule ein sprunghafter, überproportionaler Leistungsanstieg von der Eingangs- zur Ausgangstestung in vielen Fällen auch mit einem Anstieg der Standardabweichung und somit individuellen Leistungsunterschieden innerhalb der einzelnen Gruppen verbunden ist. Die Kinder entwickeln sich individuell somit unterschiedlich stark. Durch die Testungen im Rahmen von Bälle in die Hände wurde auch deutlich, dass das Grundschulalter von einer guten motorischen Lern- und Leistungsstruktur gekennzeichnet ist und ein messbarer Anstieg sportlicher Leistung verzeichnet wird.

Im Hinblick auf die geschlechtsspezifischen Unterschiede ist festzustellen, dass diese sowohl in den Kitas als auch in der Grundschule zu vernachlässigen sind. Während die interindividuellen Unterschiede bei den weiblichen Kita-Kindern besonders ausgeprägt sind und sich vor allem in der Ausgangstestung deutlich herauskristallisieren, gibt es in der Grundschule sowohl in der Eingangs- als auch in der Ausgangstestung kaum interindividuelle Unterschiede innerhalb der beiden biologischen Geschlechter.

Im Rahmen von Bälle in die Hände bestätigt sich, dass die Bewegungsfertigkeiten generell und im speziellen das Werfen, Fangen und Prellen stark von den gemachten Vorerfahrungen der Kinder bzw. ihrer sozialen Umwelt abhängig sind. Ebenso kann der unterschiedliche körperliche Entwicklungsstand der Kinder als Erklärungsansatz für einzelne Leistungsunterschiede dienen. Durch gezieltes Üben und Wiederholen der elementaren Bewegungsfertigkeiten Werfen, Fangen und Prellen verbessern sich die Kinder jedoch schnell, was durch die Erfolge des über acht Wochen durchgeführten Interventionstrainings deutlich wird.

Abschließend sei festgehalten:

  • Die Ergebnisse zeigen in der Summe positive Veränderungen und eine Steigerung der Bewegungsfertigkeiten.
  • (Sportmotorische) Tests sind immer nur eine Momentaufnahme.
  • Viele unvollständige Datensätze (fast 1/3).
  • Nicht alle Kitas und nicht alle Kinder konnten regelmäßig an den Veranstaltungen teilnehmen - Stichwort Corona-Pandemie.
  • Es können keine Aussagen zu der Qualität der Bewegungsausführung erfolgen, sondern lediglich eine quantitative Betrachtung der Ergebnisse vorgenommen werden.
  • Im Hinblick auf den Zulauf zum Handballangebot beim TuS Neuenrade können die Verantwortlichen positiv gestimmt sein. Bereits zu einem ersten Schnupperangebot im Oktober 2022 kamen damals bereits 40 Kinder.
  • Im Nachklang des Projekts verfügt der TuS Neuenrade als lokaler Sportverein wieder über eine Handballabteilung für Kinder!

 

Es wird jedoch auch deutlich, dass Projekte dieser Art nur über einen langfristigen Zeitraum Erfolg erzielen, wodurch sich die Notwendigkeit einer Fortführung ergibt, auch weil eine qualitativ hohe Ausprägung der Bewegungsfertigkeiten das spätere sportliche Können in den Sportspielen positiv beeinflusst. Eine breite motorische Grundlage sollte somit bereits im Kita-Alter angestrebt werden.

Das Projekt Bälle in die Hände kann somit durchaus argumentative Hilfe und Anschauungsmaterial für andere Städte und Kommunen liefern und als Vorbild für weitere Projekte dieser Art dienen, denn durch die Konzeptionierung wird deutlich, dass das Potenzial, etwas gegen Bewegungsmangel und die Abnahme der motorischen Leistungsfähigkeit von Kindern zu tun, sehr groß ist. In Neuenrade wurde letztlich ein Ansatz zur Mitgliedergewinnung für lokale Sportvereine mit Inhalt ausgestaltet. Auch der Initiator des Projekts Daniel Schwebe betont, dass das Projekt als solches sicher auch an anderen Orten zum Einsatz kommen könnte:

„Zwar sind die Strukturen in jeder Kommune anders, unter Berücksichtigung interkommunaler Differenzen lässt sich das Projekt aber sicher auch in anderen Kommunen etablieren.
Hier sind kommunale Spezifika zu beachten. So kann das Projekt Bälle in die Hände sicher als Pilotprojekt dienen.“

Dieser Tage ließ der LSB NRW verlauten, dass man mit der Staatskanzlei vereinbart habe, dass es ab Mitte 2024 vermutlich eine Neuauflage des Projekts Sportplatz Kommune geben wird.

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